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Rache ist Bockwurst

 

Mein Herz klopfte laut vor Aufregung, als diese zwei Typen auf uns zukamen. Logisch, dass Sophie sich zuerst für den entschied, der nach Geld aussah.

Perfekt!

Eigentlich.

Wenn ich nicht genau wüsste, dass der andere auch nur Augen für meine zierliche, kleine, schlanke Freundin haben würde; und ich nicht dermaßen schüchtern, dass ich mir nur einen kurzen Blick auf ihn gönnte. Himmel, was für ein Traum von einem Mann! Groß, breitschultrig, schmale Hüften, ein Gesicht, das einen Gott vor Neid erblassen lassen würde. Blaue Augen, so scharf wie Stahl. Blendend weiße Zähne, von der Sonne gebräunte Haut und ewig lange Beine. In seinen Jeans hat er sicher einen richtig Knackarsch, wettete ich mit mir selbst. Das Hemd, das er trug, unterstrich sein prächtiges Aussehen. Stark und verlässlich.

Ein Kerl wie ein Baum.

Unerschütterlich.

Urtümlich – wie ein Holzfäller. Jemand, der ordentlich zupacken konnte. Vielleicht ein Typ vom Bau.

Ich hatte ihn nur kurz angestarrt und dennoch: Sein Bild hatte sich in mir eingebrannt wie eine verdammt gute Fotokopie. In Farbe! Selbst von ihm abgewandt und mit geschlossenen Augen konnte ich ihn immer noch vor mir sehen.

Meine rechte Körperhälfte begann leise summend zu prickeln, als er sich neben mich an die Bar setzte und ein Bier verlangte. Ein Schauer jagte mir über den Rücken. Was für eine wunderbare Stimme. Rau und sinnlich. Für einen Augenblick krabbelte sie unter meine Haut und nahm von mir Besitz. Meine Hände begannen zu zittern. Sie einigermaßen ruhig zu halten, erforderte mich einige Anstrengung. Mist, ich wollte nochmal seine Augen sehen! Tief und klar wie ein Ozean an einem ruhigen Morgen.

Sollte ich es wagen? Nur einen kurzen Blick, einen winzig kleinen. Daran konnte doch nichts verkehrt sein.

Ich traute mich.

Oh man, er sah direkt in meine Augen.

Hastig starrte ich wieder in mein Glas, während mein Herz wütend in meiner Brust gestikulierte und versuchte mich - und vor allem meinen Verstand davon zu überzeugen -, dass ich ihn ansehen müsse. Wow, ich spielte rote Ampel! Ich spürte die Hitze auf meinen Wangen glühen. Was war denn mit mir los? Nur, weil ich einen schönen Mann entdeckte, konnten doch nicht alle meine Hormone gleichzeitig Rumba tanzen. Freche kleine Biester, die mich in eine peinliche Situation bringen konnten.

Nein, ich wollte definitiv keine Abfuhr von einem Adonis bekommen. Gleich recht nicht vor Sophie, die offensichtlich jeden Mann haben konnte, den sie wollte. Wie den, der sich ihr als André vorgestellt hatte.

Mit bebenden Lippen nippte ich an meiner Cola light. Meine Haare waren mir ins Gesicht gefallen, was mir eine hervorragende Gelegenheit bot, heimlich zu dem Mann neben mir zu linsen. Er sah mich an. Mich! Langsam strich ich meine Haare beiseite und wagte es noch einmal, ihn anzusehen.

Wieder trafen sich unsere Blicke, verhedderten sich ineinander, als wären unsere Augen zwei Magneten. Ich lächelte vorsichtig, kam mir dann aber doch ziemlich aufdringlich vor und sah wieder in mein Glas.

War das irgendein seltsames Spiel von ihm? Ich meine, wäre er tatsächlich an mir interessiert, würde er doch etwas sagen, oder? Ich würde ihn auf jeden Fall nicht zuerst ansprechen. Er musste bestimmt kaum davon ausgehen einen Korb zu bekommen.

Ich hingegen schon.

Also ließ ich es bleiben.

Einem solchen Kerl konnte es wegen mir nämlich unmöglich die Sprache verschlagen haben.

Warum war ich nur so dämlich wenn es ums flirten ging? Was war so schlimm daran den ersten Schritt zu tun? Er würde mir nicht den Kopf abreißen. Schlimmstenfalls konnte er laut lachen oder mich einfach ignorieren.

Doch für einen ersten Schritt war es bereits zu spät, als Sophie für uns beide beschloss, dass wir nun gehen müssten.

Eigentlich wollte ich das nicht, doch andererseits… nein, auf einen Korb war ich nicht scharf. Nicht von einem der aussah, als könne er als Hochglanzausgabe in einem Magazin erscheinen, das Mädchenschlüpfer feucht werden ließ. Am Ausgang drehte ich mich wider mein Gewissen trotzdem noch einmal zu ihm um. Und wieder sah er mich an. Diesmal ein ganz kleines, aber trauriges Lächeln auf den Lippen. Er zwinkerte mir zu. Perplex zuckte ich zusammen und blinzelte, tat es ihm dann aber nach.

Ha, ich hatte Adonis zugezwinkert!

Ich war furchtbar stolz auf mich.

Und unsagbar blöd, dass ich mich von Sophie aus der Kneipe schleifen ließ ohne auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln. Vermutlich war er nur ein Bauarbeiter auf Montage. Wie groß war wohl die Chance, dass ich ihn wieder sah?

R. R. Alval

Fantasie für ihr Kopfkino

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