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Achtung: Sämtliche Leseproben sind Rohfassungen! Fehler möglich.

Mit Schwung zog ich die Tür hinter mir ins Schloss. Im selben Augenblick verfluchte ich mich. Meine Schlüssel lagen noch drinnen. Ebenso mein Autoschlüssel und meine Handtasche. Stöhnend schlug ich mir die Hand an die Stirn. Wenigstens hatte ich mein Handy dabei. „Mary, ich bin’s. Ähm, ich werde mich gewaltig verspäten. Ich hab mich eben ausgesperrt. Du kennst nicht zufällig einen guten, schnellen, billigen Schlüsseldienst?“ Mary lachte, versprach mir jedoch, dass sie etwas viel besseres wüsste. Dann legte sie einfach auf.
Verdattert schaute ich das Handy an. War ihr Akku leer oder hatte sie mich tatsächlich aus der Leitung geworfen? Sie würde mich sicher gleich zurückrufen und mir erklären, was sie gemeint hatte.
Vielleicht konnte Kyriel Schlösser knacken?
Umso verdutzter war ich, als meine Tür aufging und Harun mich angrinste. Aus meiner Wohnung! Mit meiner Tasche und meinen Schlüsseln in der Hand. „Wie…“ Erneut schlug ich mir mit der Hand an die Stirn.
Klar, Engel konnten sich durch Gedanken überall dahin bringen, wo sie sein wollten, sofern sie schon einmal dort gewesen waren. Harun war schon bei mir gewesen um Sarah, meine Nachbarin - Sörens Gefährtin - abzuholen. „Danke.“, presste ich mühsam zwischen den Zähnen hervor, weil ich wusste, dass gleich ein dummer Kommentar von ihm folgen würde. „Über den Preis reden wir später. Aber dir sollte klar sein, dass ich nicht billig zu haben bin.“ Ich hustete gekünstelt. „Dich will ich gar nicht haben. Nur meinen Schlüssel. Nimm meinen Dank oder lass es bleiben.“ Er ließ seine Augenbrauen hüpfen, wobei sich seine Mundwinkel zuckend nach oben bewegten und knallte mir die Tür vor der Nase zu.
Da stand ich wieder: Ohne Schlüssel. Ohne Tasche.
„Hey!“, trommelte ich gegen meine eigene Tür.
Das konnte doch wohl nicht sein Ernst sein!
„Bist du noch da?“ Ich hörte, wie er von der Tür wegging und leise lachte. Er war also noch da. „Hallo? Würdest du mich bitte reinlassen?“ Was hatte sich Mary nur dabei gedacht ausgerechnet ihn zu schicken? Kyriel wusste doch auch wo ich wohnte.
Ich zählte langsam bis zehn.
Vielleicht besann sich Harun. Ich hoffte es zumindest. „Harun, bitte!“, quetschte ich zwischen den Zähnen hervor, während ich mit den Fäusten gegen meine Tür trommelte. Keine Reaktion.
Wieder zählte ich bis zehn um mich zu beruhigen.
Nervös auf meiner Unterlippe kauend lauschte ich an der Tür. Nein, da war kein Geräusch mehr zu hören.
War er wieder weg?
Das würde ihm ähnlich sehen!
So ein Arsch!
Überlegend, was ich jetzt tun sollte, lehnte ich mich gegen die Tür, winkelte ein Bein an, knabberte auf meiner Lippe und betrachtete mein Handy. Sollte ich noch mal bei Mary anrufen? Noch während ich überlegte, gab die Tür hinter mir nach. Ich taumelte mit den Armen wild rudernd rückwärts und landete unsanft auf meinem Hintern. Dabei biss ich mir so heftig auf die Lippe, dass ich Sternchen sah. Fast befürchtete, ich hätte sie mir abgebissen. Ich ignorierte Haruns selbstgefälliges, schallendes Lachen und presste die Hand auf meinen Mund. Himmel, tat das weh. Ich schmeckte Blut, schluckte es hinunter und rappelte mich auf, um ins Bad zu stürmen. Meine Lippe schmerzte pulsierend, als würde jemand mit einem Hammer draufhauen.
Sie sah auch beinah so aus.
Ich war entsetzt, als ich meinen Mund im Badezimmerspiegel sah.
Herrje, ich konnte von Glück reden, dass meine Lippe noch dran war. Sie war angeschwollen und blutete heftig. Meine Hand war rot von meinem eigenen Blut, welches nun unaufhaltsam in das Waschbecken tropfte. Dabei versuchte ich bereits die Blutung mit einem Lappen zu stoppen. „Was machst du denn so lang im Bad. Du bist nur auf den Hintern… Scheiße.“ Haruns Fluch hörte ich recht deutlich. Trotzdem war ich nicht darauf gefasst, dass er zu mir gestürmt kam. Ich erschrak fürchterlich, als er plötzlich hinter mir auftauchte.
„Kopf zurück!“, wies er mich an. „Ich hab kein Nasenbluten.“, betonte ich murmelnd. „Leg deinen Kopf nach hinten!“, wiederholte er zischend. „Man, ich tropfe!“, nuschelte ich, weil meine geschwollene Lippe mich beim Sprechen hinderte.
Harun atmete sehr geräuschvoll aus, umfasste mein Kinn und zwang mich gutmütig, meinen Kopf in den Nacken zu legen. Seinen Arm hatte er um meine Schulter gelegt, so dass mein Kopf nun auf diesem ruhte. „Halt still.“ Er sah mir direkt in die Augen, beugte sich zu mir herunter und leckte mir das Blut von den Lippen. Keuchend wollte ich ihn von mir stoßen, doch er wich keinen Zentimeter. „Halt still!“; zischte er erneut, „Das ist kein Kuss. Das ist eine Erste-Hilfe-Maßnahme. Mein Speichel schließt die Wunde.“ Sein Speichel. Seine... Spucke... Wäh! Seine Augen blitzten genugtuend auf. „Du kannst aber gern so tun, als ob es ein Kuss wäre!“, raunte er nah an meinem Mund, was ich mit einem widerwilligen Augenrollen quittierte. Ich ließ seinen Nichtkuss über mich ergehen, obwohl er gar nicht so unangenehm war. Ich hatte immer gedacht, dass Harun ein besitzergreifender Küsser war, aber so wie seine Zunge über meine Lippe glitt, schien er auch sehr zärtlich sein zu können. Ok, diese Gedanken gehörten ganz offensichtlich in eine Schublade, die ich sorgfältig verschließen sollte. Mehrmals.
„Die Schwellung wird von allein zurückgehen. Du musst sie aber ein bisschen kühlen.“ Klugscheißer! „Danke.“ Er grinste blasiert und flüsterte mir ins Ohr, dass ich nun doppelt in seiner Schuld stünde.
Meinetwegen.
Was wollte er schon von mir verlangen?
Seufzend holte ich aus meiner Küche ein kleines Kühlakku, wickelte es in ein Geschirrtuch und drückte es vorsichtig gegen meine schlauchbootähnliche Lippe. „Na komm.“ Harun neigte seinen Kopf, was für mich fast so aussah, als sollte ich zu ihm kommen. „Ja, gute Idee. Mary wartet sicher schon.“ Eiligst schnappte ich meine Handtasche und meinen Schlüssel und wartete darauf, dass Harun mir folgte. Fragend zog er eine Augenbraue hoch. „Du willst jetzt fahren?“ Irritiert schaute ich ihn an. Sollte ich etwa laufen?
„Kommt gar nicht in Frage.“ Er nahm mir den Schlüssel ab, schloss von innen ab, stopfte ihn in meine Tasche, umschlang mich und schwupp, standen wir in Marys Küche.
Oh weh, das war schrecklich.
Schnell, aber schrecklich. Ich fühlte mich, als wäre ich zwei Stunden lang Achterbahn gefahren.
Kopfüber.
Betrunken.
Nicht, dass ich das schon einmal gemacht hatte, aber so musste sich das anfühlen.
Wenigstens hielt mich Harun noch fest, bis ich wieder allein stehen konnte und sich nichts mehr drehte. Er hätte mich wenigstens vorwarnen können. Aber nein, stattdessen war ich ihm jetzt drei was wohl schuldig. Na gut, vielleicht war seine Entscheidung richtig gewesen. Nochmals bedankte ich mich bei ihm, woraufhin er diesmal nur nickte.
Aber der Schalk in seinen Augen war mir nicht ganz geheuer.
Eiligst machte ich mich – immer noch das Kühlakku auf meinen Mund pressend – auf die Suche nach Mary, die ich in der Wohnstube fand. „Sag mir nicht, ihr habt euch geprügelt.“, entfuhr es ihr, so wie sie mich sah. „Ähm, nein.“, schüttelte ich langsam den Kopf, weil ich nicht wusste, wie meine Lippe auf zu schnelles Schütteln reagieren würde.
Ich erfuhr es jedoch, weil ich auf ihre nächste Frage, ob wir geknutscht hätten, heftig verneinte.
Autsch.
Presslufthammer in Schlauchbootlippe war eine ganz gemeingefährliche Sache und nicht zur Nachahmung empfohlen.

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Nach der Homo sapiens movere - Reihe um Samantha Bricks nun eine weitere Fantasyreihe - mit dem Hauptaugenmerk auf den "Dunklen Engeln".

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